Arben Coli

Traueransprache für Hans-Joachim Lanksch

Hans Joachim Lanksch 1943 2019 

Hans Joachim Lanksch Traueransprache

Traueransprache für Hans-Joachim Lanksch
(am 25. Juni um 13:30 Uhr in der Aussegnungshalle, Waldfriedhof, Lorettoplatz 3, München)

Liebe Familie Lanksch,
liebe Trauergäste,

es fällt mir heute, am Tag des Abschieds, sehr schwer, Worte des Gedenkens an unseren und mir sehr verbundenen Freund und Kollegen Hans-Joachim zu Ihnen zu sprechen. Zunächst, da mich sein Tod wie alle hier sehr berührt, und nicht zuletzt, weil man wohl mit Worten sein Wirken in unserem von ihm mit gegründeten Kulturverein „Martin Camaj“ nicht annähernd genug würdigen kann. Umso schwieriger zu würdigen ist besonders seine über vier Jahrzehnte währende Lebensberufung als Botschafter der albanischen Literatur im deutschsprachigen Raum und zugleich als Mentor der gegenwärtigen Entwicklung der Literatur, besonders der Lyrik im albanischsprachigen Raum: Die Literatur einer kleinen Nation, die immer noch in unserer Zeit den ihr zustehenden Anteil an der europäischen Literatur der Gegenwart anstrebt.

So bunt und vielfältig wie seine intellektuellen Aktivitäten und sein soziales Engagement, so schmerzhaft ist der Abschied und umso größer der Kummer, wenn wir miterleben müssen, wie ein Mensch aus unserer Mitte von dieser Welt scheidet und dabei einen Teil dessen mit sich nimmt, was er eigentlich zur Gänze für uns bestimmt hatte. Es liegt nun an uns, seinen Beitrag und die Fortsetzung dessen weiter zu pflegen und an künftige Generationen weiterzugeben. Und so liegen Abschied, Kummer, Versprechen und Hoffnung beisammen. Was hat Hans-Joachim zu seinen Lebzeiten geleistet, und zwar als Mitglied unseres Vereins, und über den Verein hinaus als Kritiker und Übersetzer der albanischen Literatur.

I. Er hat mit seinem sozialen Engagement und seinen intellektuellen Aktivitäten Großartiges
geleistet und geht damit in unsere Vereinsgeschichte ein, und über diese Geschichte hinaus bleibt er unsterblich in der albanischen Kultur- und Literaturlandschaft.

  1. - Hans-Joachim hat die Gründung unseres Kulturvereins unmittelbar nach dem Tod seines Meisters und späteren Kollegen und Freundes namens Martin Camaj in die Wege geleitet. Eine Zeitlang war er Vorstand unseres Vereins und in den letzten Jahren hat er es als stellvertretender Vorstand vermocht – selbst todkrank –, durch seine Wertschätzung des Augenblicks und durch seine Freundschaft uns Energie und Kraft zu vermitteln.

    - Durch Camaj hat er sich mit der albanischen Sprache und der albanischen Literatur, vor allem der albanischen Lyrik vertraut gemacht und wurde schnell sein Wegbegleiter in dessen Schaffen. Dank seiner Mitwirkung als Übersetzer und Literaturkritiker hat Martin Camajs Lyrik im deutschsprachigen Raum ihre Blüte erreicht und in der albanischen Kulturlandschaft den ihr gebührenden und bis dahin verweigerten Platz gewonnen.

    - Darüber hinaus sorgt der Name Hans-Joachim Lanksch mit Blick auf Unterstützung, Ermutigung und Übersetzung einst verbotener albanischer Autoren für seine Unsterblichkeit in der Geschichte der albanischen Literatur. Zudem ist ihm die junge albanische Schriftsteller- und Dichtergeneration zu Dank verpflichtet, zumal deren Errungenschaften dadurch Eingang in die deutschsprachige Literaturwelt fanden.

    - Sein offizielles Bekenntnis zum gegischen Dialekt findet Wertschätzung und Dankbarkeit im öffentlichen albanischsprachigen Diskurs sowie in den sozialen Netzwerken und Foren. Hier bezog er klar Stellung und trug maßgeblich bei zur Pflege und zum Gebrauch des Gegischen als Schrift- und Literatursprache, was zugleich zur Erneuerung und Bereicherung des Standardalbanischen führen und es zukunftsträchtig machen würde.

II. Hans-Joachim hat mit seinen intellektuellen Aktivitäten als Übersetzer und Literaturkritiker ein reichhaltiges Erbe in der albanischen Kulturlandschaft hinterlassen:

  1. - Seine tiefgreifenden Schriften und Interviews über die gegenwärtige Entwicklung der albanischen Literatur und Kultur im albanischsprachigen Raum, seine kritische Auseinandersetzung mit der früheren politisch und ideologisch gesteuerten Literatur sowie mit den neuen literarischen Strömungen nach dem demokratischen Wandel in Albanien und nach Ende des Kosova-Krieges sind Meisterstücke, deren Wert und Lehre die Leser aus verschiedenen Altersgruppen begeistern.

    - Nicht zuletzt dürfen wir seine unermüdliche, zumeist ehrenamtlich durchgeführte Übersetzertätigkeit im Bereich der albanischen Literatur würdigen. Man kann von einem großen Glück für die albanische Lyrik sprechen, dass sie in Hans-Joachim mehr als nur einen einfachen Übersetzer fand, vor allem, wenn man sich sein Wort vor Augen führt: „Die Poesie, die leicht zu übersetzen ist, ist keine Poesie.“ Die Vorliebe für die albanische Lyrik und deren Übersetzung ins Deutsche zeugt davon, dass bei seinem Schaffensvermögen und seiner Begabung keine klaren Linien zwischen dem Sprachmittler und dem Lyriker Hans-Joachim Lanksch gesetzt werden können. Es nimmt deshalb nicht Wunder, dass er Perlen der albanischen Lyrik selbst aussuchte – und mithilfe seines Federhalters klingen und strahlen sie genauso schön auf Deutsch wie im Original.

III. Wenn sein soziales Engagement und seine intellektuellen Aktivitäten bereits in der

  1. albanischen und deutschen Kulturlandschaft wohlbekannt sind, helfen auch zahlreiche persönliche Erfahrungen, den Menschen namens Hans-Joachim Lanksch zu verstehen, zumal die gemeinsamen Gespräche mit seinen Mitmenschen seine Charakterzüge vervollständigen: Hans-Joachim war stets ein fröhlicher und höflicher Mensch mit einer ihm eigenen Weisheit; er war besonnen, bedächtig, liebenswürdig und hilfreich. Immer ließ er erst den Gesprächspartner zum Zuge kommen, anstatt voreingenommen und überheblich zu sein; er war offen für die Begegnung und den Meinungsaustausch, und so ergaben sich Gespräche, als ob man sich bereits über Jahre gekannt hatte. Diese menschliche Erfahrung trägt noch mehr zu unserem Kummer über diesen Abschied bei. Abschied, Kummer, Versprechen und Hoffnung beisammen.

Zum Schluss darf ich eines seiner Meisterstücke vorlesen, das dem Lyriker Hans-Joachim in seinen letzten Stunden offenbar viel geholfen hat:

OHNE TITEL
Du gehst
Dein Schatten brennt
Du hältst inne
Deine Asche singt
Du schweigst
Der Stein spricht deine Sprache
Was für ein Spiel
Zwischen Flamme und Lied

Hans! Wir werden immer auf dich schauen und an dich denken.
Mögest Du in Frieden ruhen.

Bardhyl Demiraj

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